21.2.10

die spur der steine

TOLL: Diesmal mit mehr Bildern, weniger Text und garantiert nicht jugendfrei!

hallo zusammen! die letzten zwei wochen hatten ein ganzes stueck weges nach norden und jede menge steine und weltkulturerbe in sich. letzte woche weilten wir in mamallapuram, einem kleinen doerfchen an der tamilischen kueste suedlich von chennai, dessen felsreliefs und hoehlentempel den ort zu einem wahren pilgerziel fuer in- und auslaendische besucher gemacht haben. dementsprechend touristisch ist es dann auch gewesen, allerdings trotzdem sehr gemuetlich, weswegen wir auch gleich ne ganze woche dort blieben.

urlaub im weltkulturerbe.

wir haben einige wirklich interessante andere reisende getroffen, darunter drei berliner freundinnen, die uns bescheinigten, "doch eigentlich ganz normal auszusehen" (nach einem missverstaendnis hatten sie geglaubt, wir wuerden von ashram zu ashram reisen). ausserdem karin, eine deutschlehrerin aus holland, die fuer ein jahr ihren job hingeschmissen hat, um durch asien zu reisen und von sumatra, burma und thailand erzaehlte.

lenka, leuchtturm, links das meer.

ausserdem sorgte die einzige espresso-maschine der region bei uns fuer eine voellig schlaflose nacht. nie gedacht, dass ein kaffee am nachmittag wirklich bis zum naechsten morgen wachhalten kann. aber nach drei monaten entzug ist das auch kein wunder.

zwischen den felsen herrscht wildnis.

auch mamallapuram wurde 2004 vom tsunami heimgesucht; gluecklicherweise befinden sich aber am strand vorwiegend zwei- bis dreistoeckige hotels, die die welle abfingen. so blieben die einheimischen einigermassen verschont. an der uferbefestigung sind allerdings noch immer einige spuren der verwuestung zu sehen.

stairway to heaven.

eines vormittags fuhren wir mit dem lokalbus zur nahegelegenen crocodile bank, einer zuchtstation fuer krokodile, schildkroeten, schlangen etc., die in den 70ern eingerichtet wurde und die aufgabe hat, die knappen bestaende in den indischen nationalparks wieder aufzufuellen. und so konnten wir dort hunderte krokodile unter freiem himmel erleben - das schlangenhaus hatte leider gerade mittagspause.

krokodile. hunderte krokodile.

das gefaehrlichste tier der welt - gleich hinter der tuer.

auf den felsen, die das eigentliche kulturerbe von mamallapuram bilden, finden sich jahrhundertealte, in den stein gehauene reliefs; teilweise wurden felsen ausgehoehlt und tempel hineingeschlagen. heutzutage ist das ganze eine art grosser freizeitpark fuer inder, auch zahlreiche junge paerchen verstecken sich in den bueschen und waeldchen ringsum - um haendchen zu halten, versteht sich.

immer noch in tamil nadu - der chief minister in mamallapuram.

letzten mittwoch verliessen wir dann die kueste vorerst, um ueber chennai - die etwas chaotische und mit statuen tamilischer groessen zugestellte hauptstadt - zunaechst mal nach bangalore, ehemalige IT-metropole und zentrum von karnataka zu gelangen. eine ausgedehnte rikschafahrt durch die fuenft- und ein abendessen in der viertgroessten stadt des landes machten sich recht schnell durch brennende augen und hustenreiz bemerkbar. schnell weg. der nachtzug brachte uns weiter nach norden, an das ufer des tungabhadra-flusses. hier kauert das kleine doerfchen hampi in einer unwirklichen geroellwueste aus riesigen, roetlichen felsen, die zu beeindruckenden bergen aufgetuermt sind.

denkmalschutz in hampi - die ruinen werden integriert.


allein das ist allerdings nicht der grund, warum die einwohnerschaft des dorfes heute mindestens zur haelfte aus travellern besteht, die oft fuer mehrere wochen dableiben. in der umgebung des ortes finden sich ueber ein grosses areal verteilt die ruinen und tempel der alten koenigsstadt vijayanagar ("stadt des sieges"), die wohl bis zu ihrer zerstoerung durch muslimische armeen aus dem norden im 16. jahrhundert mehrere 100.000 einwohner hatte. heute zaehlen die ueberreste dieser verschwundenen grossstadt - darunter palaeste, elefantenstaelle, zahlreiche tempel, eine zerstoerte bruecke etc. - ebenfalls zum unesco-weltkulturerbe.

der tungabhadra schlaengelt sich durch die mondlandschaft.

bluehender bananenbaum.

die groesse des gebietes und die tatsache, dass beinahe alles frei zugaenglich ist, erklaert vielleicht, warum wir kurz darueber nachdachten, einfach bis maerz hierzubleiben. leider haben wir nur fuenf tage. aber die nutzten wir dafuer, um in verfallenen tempeln bzw. auf oder "in" den felshaufen, die hier die berge sind, herumzuklettern oder unten am fluss zu sitzen und zu lesen. im tempel-hof im zentrum der geisterstadt auf halb verwitterten treppenstufen oder auf einem der huegel sitzend, von absoluter stille (abgesehen von zwitschernden voegeln und ein paar affen) umgeben, stellt man sich auf einmal die frage, ob das alles ist, was von der menschheit mal bleibt. von staedten, die mal das pulsierende zentrum ihres landes waren, und deren verlassene tempel heute langsam von der zeit zerfressen und von der vegetation bedeckt werden. wenns so sein sollte, ist es nachher zumindest schoen fuer die, dies noch erleben duerfen. aber genug der philosophie, ganz praktisch betrachtet, war es nach langer zeit einfach mal wieder schoen, ruhe zu erleben. eines der kostbarsten gueter dieses landes.

korbboot auf dem tungabhadra.

reisfeld.

am anderen flussufer, zu erreichen durch eine kleine faehre oder schwimmend, stehen die kleinen haeuschen, die israelische siedler hier in den letzten jahrzehnten erbaut haben. und so sind in hampi auch baertige maenner mit kippa keine seltenheit. die einheimischen von der "alten seite" sind den neuankoemmlingen von drueben gegenueber allerdings eher skeptisch.

am jordan von hampi (israelische seite).

waschtag am fluss.

im grossen tempel von hampi statteten wir am letzten tag noch dem tempelelefanten lakshmi einen besuch ab, der seine gaeste gegen ein geringes entgelt (was man ihm gibt und er an seinen schatzmeister weiterreicht) mit dem ruessel segnet. am selben abend erfuhren wir vom terroranschlag auf die german bakery in pune, bei dem 9 menschen getoetet wurden. wie sich spaeter herausstellte, wurden vier verdaechtige ein paar tage spaeter gar nicht weit von hampi festgenommen.

idylle.

am montag abend verliessen wir diesen ort, der perfekt fuer einen laengeren aufenthalt geeignet waere, schon wieder und begaben uns in richtung nordosten, nach hyderabad. die hauptstadt des staats andhra pradesh, der gerade am auseinanderfallen ist (diesen prozess bekommen wir seit wochen aus den zeitungen mit), ist eines der wichtigsten islamischen zentren indiens. ehemals sitz eines unabhaengigen fuerstentums, das grosse teile des mittleren suedens beherrschte, schickte nehru, der erste premier des freien indiens, seine armee, um den fuersten endgueltig davon zu ueberzeugen, sich indien und nicht pakistan anzuschliessen. heute will hyderabad wieder unabhaengig sein, allerdings nur von dem staat, dessen hauptstadt es ist. die gespraeche in delhi laufen.

strassenszene in hyderabad.

in den strassen der stadt sieht man viele verschleierte frauen, weniger kuehe als anderswo und an jeder ecke ein minarett und die anliegende moschee. allerdings gibt es auch einige hindus, und es sind uns mehrmals gruppen von frauen begegnet, von denen manche im sari und andere im tschador (dem schwarzen umhang mit kopftuch) gekleidet waren. auch das hyderabadische essen mischt die unterschiedlichen einfluesse von nord- und suedindischer kueche. gesprochen wird hier vorwiegend urdu, eine sprache, die dem hindi sehr aehnlich ist, allerdings ueber viele persische worte verfuegt und mit arabischen schriftzeichen dargestellt wird.

viersprachiges und -schriftiges bahnhofsschild (telugu, hindi, englisch, urdu).

der "vierturm" thront ueber der stadt.

die hauptattraktion in der innenstadt ist der sogenannte "charminar" (char=vier, minar=turm), eine art islamischer triumphbogen, der getreu seinem namen von vier minaretten gekroent wird und einen ausblick ueber die stadt bietet. gleich daneben befindet sich die mekka-moschee, eine der groessten in indien, die man aber als unglaeubiger nicht betreten darf. und als christin erst recht nicht.

islamische impressionen.

nach dem zwischenstopp in der grossstadt ging es am mittwoch morgen weiter - durch die weiten und meist trockenen ebenen von andhra pradesh (dem "grossen" land), die gelegentlich mal von einem leeren flussbett oder aber von einzelnen gruenen reisfeldern unterbrochen werden - zurueck an die ostkueste.


unser weg nach kalkutta fuehrte uns durch den bundesstaat orissa - angeblich einen der aermsten - wo wir einen dreitaegigen zwischenstopp am beruehmten sonnentempel von konarak (weltkulturerbe!) einlegten. beruehmt ist der deswegen, weil er erst im 19. jahrhundert von den briten unter einer sandduene entdeckt wurde, woraufhin man mit ausgrabungen und restaurierung begann und ihn der oeffentlichkeit zugaenglich machte. dieser umstand brachte ein paar besonderheiten mit sich.

die sonnenpyramide von konarak.

das symbol des tempels - im verkauf aus plaste oder holz, gerne auch als ohrring.

die jahrhundertelange tarnung (der bau stammt aus dem 14. jhd.) sorgte vor allem dafuer, dass die zahlreichen erotischen reliefs nicht dem bildersturm der muslime oder der sich offensichtlich allmaehlich verschaerfenden pruederie der hindus zum opfer gefallen sind. und in einem land, in dem jeder tempel mit dutzenden barbusiger parvatis und lakshmis aufwarten kann, muss es schon zur sache gehen, um einen unesco-titel zu erhalten. und so ist konarak neben khajuraho, das wir auf dem heimweg noch besuchen werden, der einzige ort in indien, wo man sich noch einen eindruck davon verschaffen kann, was die hindus vor 700 jahren unter sakraler kunst verstanden. die zahlreichen indischen touristen, die den ort besonders am wochenende heimsuchen, bekommen davon leider eher wenig mit. sie hetzen - wie fast ueberall - einfach vorbei. wir vermuten, dass sie von ihren tour-veranstaltern zu wenig zeit bekommen. zum glueck haben wir keinen.

moral damals...

...und heute. in indien wird nicht nach romantischen bekanntschaften oder einfach partnern gesucht, sondern natuerlich nur nach braeuten und braeutigammen. aber in der selben kaste muessen sie schon sein. ach ja, und aus dem selben landesteil.

kurz vor unserer abfahrt sassen wir heute morgen noch mit andrzej aus hamburg (der sich freute, dass wir aus dem "slawischen deutschland" kommen) und einer hollaenderin am chai-stand. sie hat in china studiert und arbeitet seit ein paar jahren als tour-guide in sued- und ostasien. ihre touristen (die meisten jenseits der 60) hatten im gegensatz zu den indern zweieinhalb stunden, die sie zur erholung nutzte.

konarak hat auch andere schoene arbeiten zu bieten.

jetzt sitzen wir in puri, einem der wichtigsten pilgerorte indiens und der letzten kuestenstadt unserer reise, im internet-cafe und vertreiben uns die zeit bis zur abfahrt unseres nachtzuges nach kalkutta, wo wir morgen frueh ankommen. demnaechst auf diesem kanal: neues aus bengalen, sikkim und varanasi. bis dann!

8 Kommentare:

  1. Na Luiza- sy prenja byla?
    Skoncnje je zas nesto k hladanju a citanju dawalo- dzakuju!
    Lube postrowy (netko z Budysina) Anna

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  2. Pytnu, zo so Waju jezba na konc chila. Wuzitej hisce posledne stacije a napistej borze zaso. Wjele wjesela! Marlies a Luiza

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  3. langersehnte neuigkeiten von euch. wie immer außerordentlich interessant und mit wirklich sehr schönen bildern garniert. großes kompliment an den/die fotografen. übrigens, wir sind schon 'ne woche weiter. viel spaß auf den letzten etappen eurer reise und liebe grüße aus berlin, eure conny.

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  4. danke fuers lob. ja, da seht ihr mal, wie lange ich an so nem blog sitze. ne ganze woche fast. aber eigentlich seid ihr auch nicht nur ne woche, sondern so 60 bis 100 jahre weiter, zumindest was demokratie, muellentsorgung, zwischenmenschliche beziehungen usw. angeht. obwohl kolkata da ne ausnahme ist. wie auch immer, gruesse aus kolkata!

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  5. Na das war doch mal wieder ein toller Bericht. Danke auch für die Fotos. Letztes WE in London hätte ich von dem Wetter gern bissel was gehabt.
    Außer Samstag war´s so und schlimmer als man es je im Englischunterricht gelernt hatte. Naja, jetzt rückt ja langsam für euch auch die Grauwetterzone näher. Ihr werdet das anfangs vielleicht sogar richtig genießen, mal wieder im Regen zu stehen. Aber lange hält dieses Gefühl dann bestimmt nicht an. Jedenfalls freuen wir uns schon riesig auf euch.
    Liebe Grüße Mario

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  6. weiss nicht, wir sind gestern in darjeeling (2100m) angekommen und stehen sozusagen nicht im regen, aber bei 5 grad plus im nebel. genuss ist das nicht grade, vor allem weil man nix vom (so hoert man) wunderbaren himalaya-panorama sieht. aber wir freuen uns auf jeden fall auch auf zuhause, das wetter mal ausgeklammert.

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  7. ich freu mich auch schon auf euch! :) (der vollständigkeit halber) anna

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